Teilprojekt: Historische Orientierungsgelegenheiten

HISTORISCHE ORIENTIERUNGSGELEGENHEITEN

EINE THEORIE ZUR BERÜCKSICHTIGUNG VON DIVERSITÄT FÜR DIE ANREGUNG HISTORISCHER DENKPROZESSE

  • Geschichten sind geistige Gebilde, mit denen sich Subjekte im Zeitverlauf einordnen, in ihm sich überhaupt behaupten können.

    Jörn Rüsen

DAS PROJEKTTEAM

Prof. Dr. Waltraud Schreiber
Prof. Dr. Waltraud Schreiber
Projektleitung
Benjamin Bräuer
Benjamin Bräuer
Projektmitarbeiter

FORSCHUNGSFRAGE

Menschen können Vergangenes erinnern, Gegenwart aus ihrer Gewordenheit verstehen und Zukunft unter Bezug auf vergangene Erfahrungen planen. Kompetenzen zu historischer Orientierung sind dann notwendig, wenn Vorstellungen, die bisher ausgereicht haben, irritiert sind, wenn vorhandene Verhaltensdispositionen nicht mehr ausreichen, um mit neuen Problemen umzugehen. Schüler können lernen, kompetent mit Geschichte umzugehen, um in diesem Sinne orientierungsfähig zu werden. Dies setzt voraus, dass Geschichtsunterricht, zumal Unterricht in inklusiven Klassen, den Lernenden Orientierungsgelegenheiten zur Verfügung stellt, die sie anregen darüber nachzudenken / auszuwählen, was für ihre eigene Orientierung von Bedeutung ist / sein könnte.

Zu Intention, Struktur und Einsatzmöglichkeiten solcher Orientierungsgelegenheit fehlt bislang eine grundlegende Theoriearbeit. Sie hat zu umfassen (a) eine fundierte Theorie zur analytischen Differenzierung der Orientierung auslösenden Verunsicherungen, (b) davon abgeleitet eine Kategorisierung von Orientierungsgelegenheiten und (c) Prinzipien ihrer Nutzung für die Pragmatik des Unterrichts.

ABSTRACT

Dem vorzustellenden Projekt wird das geschichtsdidaktische Kompetenz-Struktur-Modell der FUER-Gruppe zugrunde gelegt. Es fußt auf einem narrativistisch-konstruktivistischen Geschichtsverständnis, wonach Geschichte in der sinnhaften Verknüpfung verschiedener, zeitlich differenter Ereignisse besteht, wodurch Subjekte für sich Orientierung für die Gegenwart und Zukunft gewinnen.

Nach dem FUER-Modell wird die Beschäftigung mit der Vergangenheit durch individuelle oder kollektive Orientierungsbedürfnisse ausgelöst; die Auseinandersetzungen mit Vergangenem erfolgt – im Idealfall - geleitet durch Fragestellungen, auf methodisch möglichst kontrollierte Weise, unter Bezug auf begrifflich klar gefasste Konzepte, die dazu beitragen, Entwicklungs- und Veränderungsprozesse zu systematisieren, den Diskurs über Deutungen und Interpretationen zu erleichtern und Orientierungsangebote nach ihre Plausibilität und individuellen Bedeutsamkeit zu unterscheiden. Die im FUER-Modell angenommene Auslösung des Prozesses historischen Denkens durch Orientierungsbedürfnisse muss für gemeinsame schulische Lernprozesse modifiziert werden: Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass Themen, deren Behandlung durch Lehrpläne vorgegeben werden, per se bei allen Lernenden auf bereits bestehenden Orientierungsbedürfnisse stoßen.

Das Konzept der ‚Orientierungsgelegenheiten‘ geht mit diesem Problem um. Die Lehrkraft stellt unterschiedliche Möglichkeiten (= Orientierungsgelegenheiten) bereit, die durch Irritation des Gewohnten bei den Lernenden einen Prozess historischen Denkens in Gang setzen könnten. Im dadurch initiierten (gemeinsamen) Lernen sollen an den jeweiligen Inhalten möglichst alle Lernenden einer inklusiven Klasse in der individuellen Weiterentwicklung ihrer Kompetenzen gefördert werden können. Dies setzt voraus, dass die einzelnen Lernenden die Angebote, die ihnen gemacht werden, auf ihre Weise aufgreifen. Jeder für sich soll sie zum Anlass nehmen, seine Fähigkeit, Fertigkeit und Bereitschaft, sich historisch zu orientieren, weiter zu entwickeln. So werden aus den angebotenen Orientierungsgelegenheiten, Orientierungsanlässe, die Lernende für sich als bedeutsam (an)erkennen. An dem Zugriff, den der Einzelne für sich auswählt, vertieft er auch seine Kompetenzen für historisches Denken. Das Projekt ist als Theoriearbeit angelegt. Weil nach dem zugrundeliegenden Verständnis Theorie aber die Grundlage für gelingende Praxis ist, mündet die Theoriearbeit in eine Strukturierung, die Geschichtslehrkräfte dabei unterstützt, nach den erarbeiteten Konstruktionsprinzipien durch Orientierungsgelegenheiten gemeinsames Lernen am gemeinsamen Gegenstand in inklusiven Klassen zu initiieren.

FORSCHUNGSERGEBNISSE

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